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Die Einwohner von Indien

Indien zählt nach China als bevölkerungsreichster Staat der Erde mit über 1,2 Milliarden Einwohnern. Dabei setzt sich im Vielvölkerstaat Indien die Bevölkerung aus den verschiedensten Ethnien zusammen. 

Nachfolgen soll auf das in Indien herrschende Kastensystem, die Stellung der Frau sowie auf das Leben Mahatma Gandhis, dem wohl bekanntesten Inder, eingegangen werden. 

Die Kasten
Mahatma Gandhi
Frauen in Indien


Die Kasten

Die Kasten in Indien sind seit jeher Anreiz für Gespräche und Diskussionen. Vielen Menschen stellt sich in erster Linie die Frage, woher sie kommen, was sie zu bedeuten haben, was ihre gesellschaftliche Bedeutung ist und wie die Probleme, die ihre Existenz mit sich bringt, entstanden sind.
Da das Kastensystem als Gesellschaftsordnung heute sowohl eine weitaus differenziertere Bedeutung und Dynamik wie früher aufweist als auch etwas von seiner Strenge und Bedeutung eingebüßt hat, prägt es dennoch bis heute den Alltag Indiens.

Der Begriff Kaste stammt aus dem portugiesischen/spanischen Sprachgebrauch (casta – Rasse, von lateinisch castus – rein). Dieser Begriff wird vor allem in der Völkerkunde und der Soziologie für das aus Indien bekannte System der hierarchischen Anordnung gesellschaftlicher Gruppen genutzt.
Die Ursprünge des Kastenwesens gehen wohl auf die Brahmanen oder Priester zurück, die ihre Machtposition nutzten, um ihre Sonderstellung zu untermauern. Zeitlich jedoch lässt sich diese Entstehung nicht hinreichend genau beziffern; historisch gesehen ist das Kastensystem wohl durch das Zusammenwachsen verschiedener Völker entstanden. Oft wird die Kaste auf den Mythos des göttlichen Urmenschen (Purusha) zurückgeführt, aus dessen Körperteilen die ersten Kasten entstanden sein sollen (die erste aus dem Kopf, die zweite aus den Armen, die dritte aus den Schenkeln, die vierte aus den Füßen).

Erstmals ausformuliert wurden die Regeln des Kastensystems in der Manusmriti (zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr.). Alle anderen Hindu-Schriften akzeptieren das System als erstrebenswerte Tatsache. Neben orthodoxen Hindus, die das Kastensystem noch heute als wünschenswerte Form des Zusammenlebens propagieren, gibt es aber auch diejenigen, die die Auswüchse und Ungerechtigkeiten angeprangert und eine Überwindung der strikten Kastenschranken gefordert haben. Moderne Hindus lehnen es heute vielfach ab, die traditionelle Gebundenheit an Kasten aufrechtzuerhalten.

Das Kastensystem kann in die Kategorien der Varnas (wörtl. Klasse, Stand, Farbe) und deren Untergruppen (Jati) gegliedert werden. Letztere gliedern sich wiederum in Subjatis auf. Theoretiker sprechen von 2.000 bis 3.000 Jatis.

Das System der Varnas gilt als geistig-ideologische Ebene des Kastensystems und legitimiert als ideale und rein theoretische Ordnung das Kastensystem, jedoch ohne geschichtlichen Nachweis.
Eine umstrittene Theorie besagt, dass mit dem Begriff Varna die Hautfarbe gemeint - und je höher die Kaste, desto heller die Haut war und somit auch die Rassenzugehörigkeit der Einwanderer darstellte. In den Varnas ganz oben rangiert die Klasse der Brahmanen, zu der die Priester gehören und der die richterliche Macht obliegt. Direkt darunter befinden sich die Kashatriyas als Soldaten und Verwaltungsbeamte. Die ersten beiden Varnas machen etwa 10 % der Bevölkerung Indiens aus. Die Vaisyas, zu denen Künstler und Händler gehören, folgen danach. Schließlich und endlich kommen die Sudras zu denen Bauern und Tagelöhner gehören.

Die ersten drei Varnas betrachten sich als Zweimalgeborene (dvija), durch die natürliche und die kulturelle/geistige Geburt. Einzig diese zweite Geburt berechtigte früher zum Studium der heiligen Texte (Veda). Die Zugehörigkeit zu den oberen Varnas war früher eng an die Kenntnisse der Veda, der heiligen indischen Texte gekoppelt. Das Studium der Veden betrachteten sie nicht nur als Pflicht, sondern auch als Vorrecht. Die Weitergabe dieses Wissens an Außenstehende mit Ausnahme der Zweimalgeborenen war lange Zeit tabuisiert und das Wissen und Privileg zu dessen Weitergabe früher ein wichtiges Abgrenzungskriterium der ersten zu den übrigen Varnas. Heute hingegen steht dieses Studium jedem offen sowohl im privaten als auch akademischen Bereich oder bei einem Guru.
Die Varnas gliedern sich wiederum in hunderte von Jatis auf, denen im täglichen Leben eine höhere Bedeutung zukommt. Der Begriff Jati steht für "Geburtsgruppe" und leitet sich ab aus dem Begriff "jan" für "geboren werden" ab. Die Kastenzugehörigkeit des Individuums wird durch die Geburt bestimmt, wobei Ein- oder Austritt nicht möglich sind. Nach hinduistischer Vorstellung sind mit der Kastenzugehörigkeit bestimmte kosmische und soziale Pflichten (Dharma) verbunden. So ist es die Pflicht der Kshatriya die Gesellschaft zu führen und in den Krieg zu ziehen. Brahmanen hingegen sollen Schriften studieren, lehren und den Vollzug der Riten sicherstellen.

Die Jati dient neben der beruflichen auch der ethnischen, sozioökonomischen und kulturellen Differenzierung, wobei heute in Indien alle durch das Kastenwesen bedingten Benachteiligungen gesetzlich verboten sind. Dennoch erfüllt das Kastenwesen heute wichtige soziale Aufgaben wie Zuflucht und die einzige Möglichkeit, Aufnahme, Nahrung und Hilfe als Fremder zu finden. Zwar ist die soziale Mobilität innerhalb der Jati nicht sehr groß, es können jedoch bestimmte Jatis als ganze sozial aufsteigen, wie im 19. und 20. Jahrhundert unter dem Einfluss der britischen Kolonialherrschaft geschehen. Die Jatis dienen aber nicht nur allein der beruflichen Zuordnung, sondern auch der sozialen und ethnischen und unterscheiden sich innerhalb Indiens je nach Region erheblich.

Kastenlose (Paria) gibt es kaum und diese sogenannten "Unberührbaren" sind meist Angehörige der niedrigsten Kasten. Für die Hierarchie zwischen verschiedenen Jatis ist besonders die Vorstellung von Reinheit und Unreinheit bedeutend. Als besonders rein gelten Brahmanen, die Priesterkaste, als besonders unrein hingegen jene Jatis, die mit unreinen Berufen zu tun haben, wie zum Beispiel die Wäscher, Friseure und Müllbeseitiger. So ist die Trennung von Reinheit und Unreinheit ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens, zumindest auf dem Land. Noch heute ist es undenkbar, dass eine Person einer niedrigeren Kaste der einer höheren das Essen zubereitet. Die Enge der Stadt macht jedoch eine stete räumliche Trennung unmöglich. So wird in Städten eher nach wirtschaftlichem Status getrennt. Wer reich ist, geht mit Reichen in die Schule und wer arm ist, lebt in Armenvierteln, besucht schlechtere Schulen und hat eine schlechtere Ausgangsbasis für die berufliche Zukunft. Als aber Indian Airlines die erste Stewardess aus der Kaste der Unberührbaren einstellte, war dies dann ein mediales Ereignis.

Heute sind die ursprünglichen Berufszuordnungen in den Jatis weitgehend theoretischer Natur und eher eine Sache des Bildungsstandes. Jeder kann quasi jeden Beruf ausüben. Beliebt sind Brahmanen aber dennoch als Köche in besseren Restaurants, da einige Höherkastige keine von Niederkastigen zubereiteten Speisen essen würden.
Aber nicht nur in beruflicher Hinsicht bestimmt das Kastenwesen das Leben. Obwohl es in Indien mittlerweile Partnerwahl und Liebesheirat gibt, haben arrangierte Ehen innerhalb der Kasten immer noch ihre traditionelle Bedeutung. So gibt es nach wie vor viele Heiratsbündnisse zwischen Subjatis. Auf indischen Websites finden sich zur Partnersuche oft Suchfunktionen nach Kastenkriterien, sowohl in Bezug auf die Varna als auch auf die Jati. Somit hat die traditionelle Gesellschaftsordnung auf alles was "rotiaur beti" (Hindi: Brot und Tochter) betrifft, weiterhin Einfluss.

Seit dem Ende der Kolonialzeit Indiens werden Angehörigen unberührbarer Kasten und der Stammesbevölkerung ("scheduled castes und scheduled tribes") bestimmte Quoten bei der Besetzung von Stellen in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungswesen zugestanden. Aber auch in der Politik hat sich vieles geändert. Der erste Staatspräsident aus einer unberührbaren Kaste war K. R. Narayanan und amtierte von 1997 bis 2002. Aber trotz der Entwicklungen der letzten Jahre und der moderneren Interpretation des Kastenwesens, trägt Indien immer noch schwer an dessen Last. So sind wiederholte Angriffe auf Hindus der unteren Klasse nicht selten. In abgelegenen ländlichen Gemeinden lynchten die Hindus der Oberkaste die Harijans (Unberührbare), weil sie meinten, diese würden zu hochnäsig. Die Gefahr von Handgreiflichkeiten zwischen den einzelnen Kasten ist nach wie vor vorhanden und so gab es 1981 in Ahmedabad in Gujarat eine Reihe ernsthafter Zwischenfälle. An den Universitäten wurden Plätze für Harijans unabhängig davon reserviert, ob sie in Anspruch genommen wurden oder nicht. Hindus aus einer höheren Kaste, denen der Zugang zur Universität trotz guter Qualifikation verwehrt blieb, waren hier die Initiatoren.

Weiteres Wissenswertes:

Wenn ein Inder wissen möchte, zu welcher Kaste ein anderer gehört, fragt man in Hindi nach der "Jati" oder in Englisch "community", aber nie nach der "caste", da dieser Begriff zu viele unangenehme Begriffsinhalte hat.
Mahatma Gandhi, der Indien in die Unabhängigkeit geführt hat, sowie der wichtige religiöse Führer Swami Vivekananda waren Angehörige der Vaishya.

Quelle: Wikipedia


Mahatma Gandhi

Mohandas Karamchand Gandhi wurde am 2. Oktober 1869 in Porbandar, Gujarat geboren und gilt bis heute als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten Indiens. Er entstammte einer angesehenen Hindu-Familie, die zum Stand der Vaishya, der Kaufleute, gehörte (Siehe Kastenwesen in Indien). Sein Vater und Großvater waren jeweils angesehen Kaufleute in der Küstenstadt Porbandar (Gujarat), das unter der Kontrolle der britischen Kolonialmacht stand. Trotz Einwänden seiner Mutter studierte er von 1888 bis 1891 in London Jura, was damals als eine Sünde galt und somit wurde er von seine Kaste vor seiner Abreise ausgeschlossen und galt seitdem als Kastenloser. Nach seinem Studium arbeitete er von 1891 bis1893 als Rechtsanwalt bei Bombay und in seiner Heimatstadt Rajkot. Dabei hatte er jedoch nur wenig Erfolg und konnte seine Familie kaum unterstützen, die sich durch sein Studium verschuldet hatte.
Gandhi hatte nur wenig Erfahrung in der indischen Rechtsprechung. Außerdem bereitete ihm seine Schüchternheit große Probleme. Als es ihm 1892 endlich gelang, einen Fall zu übernehmen, verlor er diesen, da er aus lauter Nervosität nicht sprechen konnte. Unter großem Gelächter der Anwesenden verließ er den Saal. Das entmutigte ihn sehr. Daraufhin gab er seinen Fall ab und zog in seine Heimatstadt Rajkot.

Im Jahr 1893 schickte ihn seine Familie zu einem Familienfreund nach Pretoria (Südafrika), um für dessen indische Firma einen Rechtsstreit zu lösen. Dort setzte er sich auch aufgrund eigener negativer Erfahrungen und Diskriminierungen für die indischen Immigranten ein. Um das Herrschaftssystem zu ändern war sein Dogma die Wahrheitsfindung und der gewaltfreie Widerstand, auch wenn Leid ertragen werden sollte. In einer Protestaktion für die Bürgerrechte indischer Immigranten im Jahre 1913 widersetzte er sich mit seinen Anhängern dem Verbot die Grenze von der Südafrikanischen Union nach Transvaal zu überschreiten.

Nach seiner Rückkehr 1914 nach Indien, war er gleich der Initiator einer moralisch politischen Freiheitsbewegung gegen die britische Kolonialmacht. Um entschlossen und geeint gegen das britische Königreich zu arbeiten, bemühte er sich darum, die Grenzen zwischen den Kasten einzureißen und die Hindus mit den Muslimen zu versöhnen.

Nachdem es ihm gelang eine Massenbewegung hervorzurufen, die seiner Propaganda des bürgerlichen Ungehorsams und dem Boykott der Kooperation mit englischen Behörden folgte, wurde er vom indischen Volk fortan als "Mahatma" (Sanskrit: "dessen Seele groß ist") verehrt.
Nach vereinzelten Gewaltaktionen in von ihm initiierten Demonstrationen verweigerte Gandhi jegliche weitere Maßnahmen und fastete um zu büßen. Trotz aller Warnungen kam es aber am 13. April 1919 zum "Blutbad von Amritsar", bei dem Britische Truppen tausende von friedlichen Anhängern beschossen und damit 379 Menschen töteten.

Gandhi wurde am 10. März 1922 verhaftet. Dies geschah als Folge einer Reise durch das Land, die im Herbst 1920 begann und zum Boykott der Kolonialeinrichtungen aufrufen sollte. Die sogenannte "Handspinn-Bewegung" richtete sich gegen das britische Textilmonopol und gewebter Baumwollstoff wurde zum Symbol der indischen Nationalbewegung. Nach dem Mord an 22 Polizisten in einem nordindischen Dorf, brach Gandhi seinen Feldzug zwar sofort ab und wurde nach seiner Verhaftung zu sechs Jahren Haft verurteilt von denen er knapp zwei Jahren verbüßen musste. 

Am 4. Februar 1924 wurde er begnadigt und aus dem Gefängnis entlassen.
Der 26. Januar gilt im modernen Indien als Nationalfeiertag. An diesem Tag im Jahre 1930 verlas Gandhi das Manifest mit den Forderungen der Kongresspartei Indiens, die ihn zum Protestführer gegen die Briten ernannten. Die Proteste flammten erneut auf, als die Kolonialmacht sich weigerte Indien wenigstens den Status eines Dominions zuzugestehen.

Am 12. März 1930 veranlasste er eine Kampagne des zivilen Ungehorsams und rief zum Salzmarsch (gegen das britische Salzmonopol) auf. Der Salzmarsch zum Ufer des Arabischen Meeres war die spektakulärste Kampagne, die Gandhi während seines Kampfes um Unabhängigkeit initiierte. Gandhi protestierte mit diesem Marsch gegen die englischen Steuern, die auf dem Salz lagen. Indische Bürger durften weder Salz herstellen, noch es selber verkaufen. Am 4. Mai 1930 wurde Gandhi erneut verhaftet.

Am 25. Januar 1931 ließen ihn die Briten wieder frei und der Indian National Congress beauftragte Gandhi zu Verhandlungen nach London zu reisen, um ihn nach einer gescheiterten Konferenz mit indischen Politikern als Verhandlungspartner auftreten zu lassen. Gandhi und der Vizekönig Edward Frederick Lindley Wood, Lord Irwin, der spätere Earl of Halifax (1881 – 1959) einigten sich am 5. März 1931 auf eine englisch-indische Zusammenarbeit. Weiter Konferenzen Ende dieses Jahres verliefen aufgrund der Forderung Gandhis nach der vollständigen Unabhängigkeit seines Landes erfolglos. Nach weiteren Unruhen im Land wurde Gandhi am 3. Januar 1932 abermals inhaftiert, nach einem Hungerstreik für Bürgerrechte allerdings am 29. Mai 1933 wieder aus der Haft entlassen.

Mahatma Gandhi rief aus Angst vor einem japanischen Angriff auf die Briten in Indien die Kolonialmacht auf, sofort alle ihre Truppen abzuziehen. Daraufhin wurde Gandhi für knapp weitere zwei Jahre inhaftiert. Dessen Abwesenheit rief bei der Bevölkerung eine aufgestaute Wut hervor, die Sabotageakte und Guerillakämpfe mit vielen Toten zur Folge hatte.

Schließlich sahen sich die Briten zur Teilung des indischen Subkontinents gezwungen. So wurden am 15. August 1947 religiös nicht gebundene, aber mehrheitlich die hinduistische Indische Union und die muslimische Republik Pakistan gegründet. Diese Trennung führte zum Blutbad zwischen Hindus und Moslems. Gandhi setzte sich weiterhin für eine Aussöhnung zwischen den Bevölkerungsgruppen ein.

Ein fanatischer Hindu namens Nathuram Vinayak Godse aus der Brahmanen-Kaste erschoss Gandhi in dessen Garten am 30. Januar 1948, nachdem Gandhi den Muslimen auch Bürgerrechte zugestehen wollte. Dafür wurde er am 15. November 1949 durch Erhängen hingerichtet. Vor Gericht begründete Godse seine Entscheidung danach: "Ich habe niemals verstanden, dass bewaffneter Widerstand gegen eine Aggression Unrecht sein soll. Ich glaube, dass es eine religiöse Pflicht ist, einem gewaltsamen Feind mit Gewalt gegenüberzutreten und ihn, wenn möglich, zu besiegen." Eine Woche später wurden die sterblichen Überreste von Mahatma Gandhi verbrannt und dessen Asche am folgenden Tag in den Ganges gestreut, was von mehreren Hunderttausend Menschen verfolgt wurde.

Gandhis unermüdlicher Einsatz für Bürger- und Menschenrechte bescherten ihm zwölf Nominierungen für den Friedensnobelpreis. Sein Geburtstag, der 2. Oktober, ist seitdem ein indischer Nationalfeiertag.


Indische Frauen, Religion und Status

Indien gilt in vielerlei Hinsicht als Land der Extreme. Jedoch wird dieser Umstand kaum deutlicher als im Rollenbild der indischen Frau. Wenn von indischen Frauen die Rede ist, denkt jeder an die in hohem Maß unterdrückten Inderinnen. Es lässt sich jedoch keine allgemeingültige Aussage bzgl. des Frauenbildes in Indien treffen, denn weder werden diese nur unterdrückt, noch sind sie vollständig emanzipiert. Die Realität ist wesentlich vielschichtiger und hängt vor allem vom Kastenwesen Indiens ab und welcher Religion die Frauen angehören.

Je nach Bundesstaat und Region verändern sich nicht nur die Gesichtszüge der indischen Frau auf markante Art und Weise, sondern auch deren Status und Rolle in der Gesellschaft. Besonders in den ländlichen Regionen Indiens, auf die 70-80% der Bevölkerung entfällt, finden sich die konservativen, tradierten und veralteten Sichten der Frauen wieder. Besonders im nördlichen Teil des indischen Subkontinents, in den islamisch geprägten Landstrichen, sind die Frauen am wenigsten gleichberechtigt oder emanzipiert.

Unser Bild der indischen Frau wird dominiert von Witwenverbrennung, Mitgift und Unterdrückung. Indische Witwen genießen einen nur minderwertigen Stellenwert in der Gesellschaft.

Die "Minderwertigkeit" der Frauen zeigt sich besonders in der Ehe durch den sogenannten "Manu", den Verhaltenskodex. Dieser besagt, dass die Frau erst essen darf, wenn der Mann fertig gegessen hat, dass die Frau nicht sitzen darf, wenn der Mann steht, dass sie nicht vor ihm schlafen darf, dass sie vor ihm aufstehen soll, dass sie sich nicht rächen soll, wenn er sie mit Verachtung straft und dass sie nicht die Geduld verlieren darf, wenn er sie misshandelt.

Die Unterdrückung auf dieser zwischenmenschlichen Ebene geht auch auf die Mitgift zurück. Diese ist eine Gabe seitens des Vaters der Ehegattin an die Verwandtschaft des Ehegatten oder an das Ehepaar selbst zur Hochzeit. Da die Mitgift meist die finanziellen Mittel der Familie überschreitet gilt in indischen Familien das Ziel, möglichst viele Söhne und keine Töchter zu bekommen. Ob mit diesem Umstand allerdings Mitgiftmorde, Abtreibungen und Tötungen zuvertreten sind, bleibt fraglich.

Für viele, vor allem unausgebildete indische Frauen, gilt die Vermählung daher meist als Erlösung, wird doch schon im Kindesalter ihre Rolle und Stellung in der Gesellschaft definiert. Da Frauen mit Aushilfsjobs zur Versorgung der Familie beitragen müssen wird ihnen keinerlei Ausbildung zu Teil. In der Regel jedoch sind die Rollen klar verteilt. Die Frauen in Indien sind zuhause am Herd, kochen und sind bei den Kindern und die Männer auf der Straße oder auf der Arbeit.

Mittlerweile aber sieht man Frauen, die an den Stränden Saris oder Früchte verkaufen oder auch Tänzerinnen aus Karnataka, die mit ihren traditionellen bunten roten Gewändern Tänze an den Stränden mit traditioneller Musik präsentieren.

Neben diesen Tätigkeiten gibt es auch in Indien das älteste Gewerbe der Welt. Dies wird besonders in den Touristenorten Indiens deutlich.

Frauen die alleine nach Indien reisen sollte darauf achten keine gewagte Kleidung zu tragen, sonst gilt man schnell als verfügbar und wird von Männern auf anrüchige Weise angesprochen, worauf man am besten nicht reagiert. Auch sollte man Augenkontakt mit den Männern meiden. Frauen, die in Indien mit der Eisenbahn fahren, sollten an dem eigens dafür vorgesehenen Schalter ihre Tickets lösen, der Ladies queue genannt wird.

In einer Warteschlange müssen sich die Frauen in Indien anstellen, sofern sie mit der indischen Eisenbahn fahren wollen. Selbst einen Wartesaal nur für Frauen hat die indische Eisenbahn vorgesehen, damit die Frauen unbelästigt auf den indischen Nachtzug warten können, wo sie in eigens nur für Frauen abgetrennten Abteilen schlafen. Aber nicht nur im öffentlichen Leben, sondern auch in der Politik wird die Stellung der Frau deutlich. Im Bundesparlament ist der Anteil der Frauen so gering, dass seit geraumer Zeit eine 33%-ige Frauenquote diskutiert wird.

Genauso vielschichtig, wie die Realität in allen indischen Lebensbereichen, ist auch die Situation der indischen Frau, die von selbstverständlicher Autorität zu totaler Unterwürfigkeit reicht. Die Extreme sind deutlich zu erkennen. So geht es den Frauen der Pujari (Priester) am besten, werden diese doch in eine hohe indische Kaste hineingeboren. Andererseits haben Frauen, die dem christlichen Glauben angehören, die meisten Rechte und genießen ein hohes Ansehen. In den Bundesstaaten wie Goa und Kerala haben gut ausgebildete christliche Frauen Jobs im Tourismus- oder Verwaltungssektor. Aber auch Frauen, die dem Hindu Glauben angehören, sind zumindest an indischen Hindufesten hoch angesehen und auch, wenn es darum geht, in der indischen Wirtschaft zu bestehen. Mittlerweile sind Frauen auch als selbständige Geschäftsführerinnen tätig, die das Einkommen der Familie bestreiten.

Die Tatsache, dass sich in heutiger Zeit Ingenieurinnen, Wissenschaftlerinnen, Informatikerinnen, Ärztinnen u.ä. etabliert haben, kann man von einem sich ändernden Rollenverständnis sprechen, das den alten Normen, die in den ländlichen Regionen dominieren, nicht mehr so ganz entspricht. Frauen sind heute wie selbstverständlich Angestellte von Hotels, Krankenschwestern, Apothekerinnen und Unternehmerinnen. Das beste Beispiel hierfür sind die erste indische Astronautin, Kalpana Chawla, die Bronzemedaillengewinnerin im Gewichtheben Karnam Malleswari und die beiden Miss Universum und Miss World. Da auch im privaten wie öffentlichen Leben die Frau sich durch Selbstständigkeit und Unabhängigkeit emanzipiert hat, gilt die "Gleichberechtigung" in Familie und Ehe nicht mehr unbedingt als Fremdwort.

So wird man auch in Zukunft diese beiden Extreme auf seiner Reise durch Indien kennenlernen. Heutzutage werden Frauen aber immer mehr zu Mitgliedern in der Gesellschaft, die nicht nur respektiert werden, sondern auch aktiv am gesellschaftlichen Leben Indiens teilhaben und dieses in den verschiedensten Bereichen mitgestalten.


Unser Tipp:

Unterhalten Sie sich auf Ihrer Indien Reise mit den Menschen und lernen Sie so die Bevölkerung Indiens kennen